Norwegen das Land der Mitternachtssonne - abwechslungsreich mit seinen Bergen, Tälern, Fjorden, Fjellen, Gletschern, unzähligen Wasserfälle und Flüssen - vor allem den paddelbaren Wildflüssen. Deshalb wurde für den WHW im August 2012 eine Kernwoche zum Paddeln in Norwegen angeboten. Kernwoche bedeutet man trifft sich für eine Woche zum paddeln, was man davor und danach macht ist jedem selbst überlassen. Wenn man sieht, das es 40 Aufrufe im Forum gab, so war Interesse vorhanden. Aber nur Fam. Gärtner und Endele fanden die Zeit und ließen sich nicht von langer Anfahrt, angeblichem Dauerregen, arktischen Temperaturen, Bilder von Extrembefahrungen, dem angeblichen Mangel an mittelschweren Bächen abschrecken. Sie fanden sich zu einer Kernwoche in Sjoa (gesprochen Schoa) ein. Die Liste der möglichen Bäche der näheren Umgebung war lang, doch die Eröffnung der gemeinsamen Paddeltouren gebührte dem Playrun der Sjoa. 8Km, WW II-III-IV, alles ließ sich vom Boot aus einsehen, mit klarem Wasser und schöner Landschaft - einfach ein Genuß. Auch wenn einmal der Lågen mit seinen hohen Wellen und kräftigen Walzen vor dem Frühstück gefahren wurde, so wurde nicht umsonst der Playrun die Strecke der Frühsportgruppe, denn kein Kaffee weckt so gut wie die Wellen der Sjoa im Gesicht.
Die große Schlucht der Sjo, der Åsengjuvent war ein weiteres Highlight der Sjoa. Auch wenn man etwas angespannt in die Schlucht einfuhr, den in der Beschreibung stand: "Erhöhte Vorsicht ist lediglich in etwa der Mitte der Schlucht geboten, diese Stelle ist schwer zu erkennen und befindet sich nach einer der unzähligen Rechtskurven: Bei >> The GUT<< (WWIV) ereigneten sich schon einige tödliche Unfälle, insbesondere bei Raftingkunden. Am Ende dieses 300 m langen Kataraktes lauert links ein gemeines Loch, welches ohne fremde Hilfe beinahe nicht zu verlassen ist." Hinter jeder Rechtskurve vermuteten wir das gemeine Killerloch. Die Schlucht war landschaftlich grandios, das Wildwasser ein Tick schwerer als der Playrun, immer noch/nur WW III-IV. Wir konnten alles vom Kajak aus einzusehen, alles schien uns fair. Die Anspannung blieb jedoch, denn jederzeit könnte das monströse Loch unerwartet auftauchen. Auf einmal öffnete sich die die Schlucht. Die Schlucht wurde zum Tal und schon wir hatten die Schlucht bezwungen und uns gefragt: "Wo war das tödliche Loch?" Drei Kilometer paddelten wir noch auf einfacherem Wasser weiter und hatten nach insgesamt zwei Stunden die 17 km lange Strecke bezwungen. Aber außer Sjoa, gab es noch andere schöne Bäche, die wir befuhren.
Laut Infos eines Österreichers sollte die Frya noch genug Wasser führen und fahrbar sein. Also machten wir uns auf zu diesem Bach mit seinen drei fahrbaren Klammen. Der Ausstieg war schnell gefunden und schnell war uns klar: "Den Ausstieg darf man auf keinen Fall verpassen!", den unmittelbar dahinter beginnt die vierte und unfahrbare (bzw. noch unbezwungene) Klamm. Den Einstieg zu finden erforderte schon mehr Geduld, Fahrtechnik auf Schotterpisten und Kommunikationsvermögen mit Norweger - zum Glück sind bis auf wenige, ältere Pilzesammler und Wanderer, die meisten Norweger der Englischen Sprache mächtig. Der Einstieg, eine Brücke mit Zaun assoziierte uns. "Hier ist das Ende der Welt!" Wir besahen uns den Bach. Denn außer an Ein-und Ausstieg sieht man nichts vom Bach und am Ausstieg sah es gut aus. Doch am Einstieg sah der Wasserstand mager aus. Wir entschieden uns die Frya trotzdem zu hinab zu fahren. Die Sonne schien, es war warm und das Tal einsam und schön. Der wildwassertechnische Reiz war gering. Jan konnte sich nur wenig an der Natur erfreuen und vermisste das beschriebene WW III-IV. Doch dann kamen wir an die erste Klamm. Das Bett der Frya wurde deutlich enger und steiler. Die granitenen Felswände ragten steil empor. Anhalten und besichtigen war für uns unumgänglich. Doch nach der Besichtigung befuhren alle den traumhaften Katarakt im Grundgestein. Doch leider war die erste Klamm recht kurz und dann wurde es wieder unspektakulär. Ich dachte für mich: "Wenigstens eine gute Wildwasserstelle für Jan!", doch schon folgte die zweite Klamm mit steil aufragenden Felswände, die Flechten die sie schmückten leuchteten in allen Grüntönen und der Schwierigkeitsgrad legte wieder zu und diesmal waren es mehr als nur 500m. Wir waren beeindruckt und unsere Augen schweiften immer wieder die steilen Felswände empor. Dann folgte die dritte Klamm, sie war eine Steigerung zu den ersten zwei. Viele interessante Stellen gab es zu befahren, bevor wir am Klammende an einer Zwangspassage ankamen. Doch links ging es problemlos die fünf Meter hinab und am Ausstieg war das Geschrabbel der ersten Strecke vergessen, denn die Klammen hatten uns sowohl landschaftlich als auch wildwassertechnisch beeindruckt.
Die Bøvra hatten wir bei unserer Anfahrt nach Sjoa über das Sognefjell bereits gesehen. Und dieser Bach führte sicherlich genug Wasser. Die Anfahrt zur oberen Bøvra von Sjoa aus zog sich etwas, doch das Hochtal in dem die Bøvra floß war ein Augenschmaus. Bereits bei der Anfahrt besahen wir uns den Bach. Einige Stellen waren deutlich über WW IV und wir beschlossen im Vorfeld die Schlussstufe der ersten Klamm zu umtragen. Bei etwas mehr Wasser wäre eine Befahrung besser und sicherer gewesen. Doch die obere Bøvra hatte noch mehr zu bieten als die Schlussstufe der ersten Klamm. Immer wieder wechselten Katarakte und ruhigere Abschnitte miteinander ab. Und da wir viele Stellen bereits bei der Anfahrt besichtigt hatten, konnten wir das meiste ohne Besichtigung befahren.
Der Familyrun der Otta beginnt am Fuße des impossanten Eidefossen. Einer Stromschnelle die entstanden ist, weil sich die bereits mächtige Otta durch eine kleine Klamm zwängt. Auch wenn der Wasserablaß in die Klamm nun künstlich ist, das Spiel der Wasserwucht ist trotzdem sehenswert. Der Familyrun ist WW II, die Otta ist hier mächtig und breit mit schönen hohen Wellen in einem großen Tal. Das die Autostraße parallel zum Fluß verläuft, merkt man vom Wasser aus nicht und man kann sich vorstellen in den Weiten von Kanada oder Alaska zu sein. Die Brücke am Ausstieg des Familyrun der Otta ist ebenso wie die Brücke am Ausstieg der oberen Bøvra zum Brückenspringen geeignet, aber höher und spektakulärer.
Beim Einstieg in den Jori, hoch im Svardalen glich er mehr einem See als einem Fluß. Doch nach einer längeren Schlappwasserstrecke begann der interessante Teil mit einer flußbreiten Walze die wir lieber erst mal vom Ufer aus anschauten. Und laut Flußführer sollte WW III-IV auf uns zukommen. Und das tat es auch. In der ersten Hälfte dachte ich noch. "Es könnte einen Tick mehr Wasser sein!". Aber alles war gut zu fahren, die Schlucht war sehenswert und es machte Spaß. Dann gab uns die Grøna kräftig Zuschußwasser und es wurde richtig wuchtig. Die Felswände ragten steil empor und der Fluß donnerte mit uns hinab. Die Schlucht war nun atemberaubend schön und es machte uns riesigen Spaß. Vor uns gab es nur nocheinen Katarakt im IVten Schwierigkeitsgrad, ein Katarakt mit 7 km Länge, von der Münderung der Grøna bis zum Ausstieg. Das war Genusswildwasser vom Feinsten, dazu ohne Pause und so befuhren wir es. Die einzigen Pausen hatten wir bei den wenigen (ein oder zwei?) Besichtigungen oder wenn man ausprobierte wie gut die Walzen hielten, dann wurde unser Lauf ebenfalls kurz abgebremst. Der Jori ist bei Sonnenschein, akzeptaplem Wasserstand (wir hatten ca. 1,20m) und harmonischer Gruppe,Wildwassergenuß pur und verdient fünf Sterne.
Am letzten Paddeltag fuhren wir noch einmal ins Sjoatal hinauf und befuhren ein zweitesmal die obere Schlucht, den Åsengjuvent und da wir wussten wie schnell wir sind, hängten wir den Playrun und den ersten Durchbruch bis zum Sjoaelevepark noch mit an. Wenn man die Strecke kennt und weiß, das kein Killerloch kommt, dann ist der Genußfaktor doppelt so hoch. Wir genossen jeden Paddelschlag, jede Welle, jeden Schwall und jede Walze. Schnell hatten wir den Åsengjuvent und den Playrun hinter uns gelassen und fuhren auf den Sjoadurchbruch zu. Die Einfahrt in die Schlucht war schön und wuchtig und gleich in der ersten Linkskurve lauerte eine fette Walze. Aber bei uns lauerte sie vergeblich, sicher fuhren wir links auf einer kleinen Zunge durch sie hindurch. Dann folgte noch die Slalomstrecke und wir hatten nach drei Stunden die 27 Kilometer Sjoa-für-Normalpaddler bewältigt.
Am letzten Tag hatte die Teilnehmerzahl der Frühsportgruppe eine Steigerung um 50% und zum Abschied wurde der Playrun bis zum Sjoaelvepark gepaddelt. Diesmal wurde sogar bewiesen, daß es sind Sinn gemacht hat, das erste Loch auf dem Playrun jedesmal zu umfahren.
Paddelstrecken
- Bøvra (obere) Dalsvatnet -Pegelbrücke 7,5 km
- Frya Brücke am Ende der Welt - vor vierte Klamm 15 km
- Jori (unterer) Berücke nach Svardalsetra - Pegel 15 km
- Lågen Raftcenter - Sjoacamping 5 km (2mal)
- Otta (Familyrun) Eidefossen - Åsårbrua 8 km (2mal)
- Sjoa (Playrun) Harlagbru - Storødegårdbru 8 km (6 mal)
- Sjoa (Åsengjuvent) Nedre Tråsåfoss - Harlagbru 17 km
- Sjoa (Åsengjuvent plus Playrun) Nedre Tråsåfoss - Sjoaelvepark 27 km
Vereinskilometer
475,5 km
sonstige Fakten
- Keine Schwimmer
- Insgesamt 5 Rollen
- Meiste Befahrungen pro Tag: 4
- Spätester Aufbruch zum paddeln 19°° Uhr
- Jüngste Paddlerin Hannah, 9 Jahre
- Jüngster Paddler Jan, 15 Jahre (hat alle Highlights und einiges anderes mitgepaddelt)
Resumee
Das sonnige Wetter hat dominiert. Die Temperaturen waren keinesfalls arktisch. Die Bäche die Befahren wurden, waren überwiegend im mittelschweren Bereich (WWIII-IV) und es gibt auch noch leichtere, fahrbare Bäche. Wir saßen abends im Freien und nicht unter Moskitonetzen-an den Altrheinen hat man viel mehr Probleme mit Stechmücken. Es gibt günstige Campingplätze und Hütten. Norwegen ist ein Land für die delta-t-Fraktion-mit Ausnahme der Sprühsportgruppe kamen wir selten bzw. nie vor 11° Uhr vom Platz - alles lief extremst gemütlich ab. Das Land ist einfach nur schön,die Flüsse sind atemberaubend und meines Emfindens wärmer als in den Alpen (natürlich sind Bäche die man am Gletschertor beginnt extremst erquickend -aber solche gab es bei unserer Tour nicht). Die Flussbeschreibungen von Bepunkt Empunkt sind mit Vorsicht zu behandeln-sie beschreiben oft nur das was vom Ein-, Ausstieg und der Straße aus zu sehen ist.
Das Konzept Kernzeit ist gut-man trifft sich während der Ferienzeit für eine bestimmte Zeit zum paddeln und davor und danach macht jeder was er will.
Auch wenn die Anfahrt für viele weit ist, Norwegen ist eine Reise wert. Und falls noch einmal eine Vereinsfahrt an die Sjoa stattfindet: Die Hütte Nr. 9 ist für Endele reserviert!