2024-05-09 bis 12 Exo die Achte: Ist das noch Kunststoff oder ist das schon Plastik? 🛶

Man könnte meinen, wir haben ein außergewöhnliches Talent, unsere geliebten Boote zu zerstören. Böse Zungen munkeln sogar, dass die Vorstandsposten beim WHW nach der Anzahl der Risse in Bootshüllen vergeben werden. Und so liefern sich unsere Kanuwartin und unser Bootshauswart eine bittere Materialschlacht, deren neustes Kapitel am Himmelfahrtswochenende im Vorderrheintal geschrieben wurde.

Zusammen mit dem KSC Neckarau fand sich eine stattliche Gruppe von bis zu 16 Wassersportenthusiasten am schönen Viamala-Campingplatz in Thusis zusammen. Ein klarer Fall für die neuentdeckte Riesengrillpfanne, welche schon Paddler (und ihre Hunde) nährte, als Pluto noch ein Planet war. Trotz der Skala, auf der es zu kochen galt, wurden wir unserem hohen kulinarischen Standard gerecht und brachten neue Gerichte ins Spiel.

Tag 1: Warmpaddeln und abkühlen auf dem Vorderrhein

Trotz der warmen Temperaturen tagsüber blieben die Nächte sternklar und eiskalt, dass man aus den Zelten nur so die Zähne klappern hörte. Während des Frühstücks sah es so aus, als könnten wir am ersten Morgen Volkers Vorgabe erreichen und um 10 Uhr das Camp in Richtung Fluss verlassen. Doch während die letzten Zähne geschrubbt wurden, kamen aus allen Richtungen weitere Campteilnehmer beinahe gleichzeitig an. Zuerst Armin und Claus, dicht gefolgt von Hardi und Ivette, sodass Tobias und Maren vor lauter KSC-Stau gar nicht zu ihrer Parzelle auf dem Platz kamen. Mit leichter Verspätung, doch deutlicher Verstärkung paddelten wir uns bei gemütlichem Pegel auf den letzten 20 km des Vorderrheins ein.

Abschnitt: Vorderrhein von Rueun (Brücke am Entsorgungswerk) bis Mündung

  • Pegel Ilanz ca. 28m3/s + 14m3/s vom Glenner, NMW
  • 25km WW II (III am schwarzen Loch)
  • 11 Paddler (5x WHW)
  • 125 Vereins-km + 21 von Volker

Entspannt das Panorama genießen
Entspannt das Panorama genießen

Und dabei dem schwarzen Loch nicht zu nahe kommen
...und dabei dem schwarzen Loch nicht zu nahe kommen.

Der Vorderrhein macht bei jedem Pegel Spaß und die meisten Stellen, bei denen die Augen etwas größer werden, können auf dem breiten Fluss sicher umfahren werden. Lediglich die Anfahrt zum schwarzen Loch, welches sich mit jedem Hochwasser des Carrerabachs etwas verändert, war so wuchtig wie seit Jahren nicht mehr und zog auf die Felswand zu, an der ein dickes Polster stand. Auch die brüchige Felswand bei Versam, vor der seit Jahren gewarnt wird, hatte dem Fluss einige neue Brocken geschenkt. Kurz vor Schluss gesellte sich Rob zu einer Kanuschule ins Kehrwasser. Lässig zirkelte er zwischen den Felsen und wurde von einer Mini-Walze gefressen. Gerollt, nochmal das Kehrwasser versucht, nochmal gerollt, gegen den Stein geknallt, Kanuschüler amüsiert und schnell zurück in die Hauptströmung geschlichen. Dabei noch heldenhaft das Messer verloren, welches später noch gebraucht werden sollte.

Reichlich bedient beendeten die meisten Paddler den ersten Tag in Reichenau. Nur Volker und Tom gönnten sich einen zweiten Run von Ilanz (21km), während der Rest bereits die Zwiebeln und den Knoblauch (zwei Knollen!) für die Spinatpfanne schnitt.

Tag 2: Glenner-Gruppentherapie

Mit 10 Paddlern brachen wir zum Glenner auf, dessen Pegel kurz vor der Mündung ca. 14m3/s anzeigte. Laut Riverapp Niedrigwasser, doch präsentierte sich der Bach gut eingeschenkt und wir erinnern uns an eine Befahrung im Jahr 2020 bei einem Minimalpegel von 6m3, bei dem kein Boot Grund berührte.

Um Plastikstau im Schlitz zu vermeiden teilten wir uns in zwei Gruppen auf, ähnlich wie beim Fußballspiel in der Grundschule. Volker wurde in die Obhut der erfahrenen Mannheimer übergeben und bildete die erste Gruppe. Team Tobias wählte die sichere Bank vom Ostertrip und holte sich Julia und Rob dazu („ihr habt gute Augen, fahrt mal vor“), sowie Lukas, der laut eigener Aussage nur WW3 paddelt, doch bei seiner Rolle im WW4-Katarakt große Moral bewies.

glenner rob weg
Paddler 1/10: verschluckt

glenner j weg
Paddler 2/10: verschluckt

glenner l weg
Paddler 10/10 auf anderer Linie... Nice try.

Nicht lange nach Fahrtbeginn stießen beide Gruppen am Schlitz aufeinander. Volker, der sein Boot sonst nur zum sch…lafen verlässt, stand am Ufer und empfahl uns, die Stelle anzuschauen. Tatsächlich war es mit Wissen um die Lage der Zungen und Löcher etwas einfacher, sich nicht verprügeln zu lassen, doch bekamen wir trotzdem noch einige Stunts und Rollen zu sehen. In der Galerie ging es wie üblich steil her, aber bei unserem Pegel blieb Zeit, die Route auszusuchen und zu reagieren. Ein Schwimmer in der Galerie ließ sich nicht vermeinden, sodass Team Tobias die Führung übernahm und in die folgende Waldschlucht aufbrach. Was bei Mindestwasser noch „Hey, cool, es ist noch nicht zu ende“ hieß, entpuppte sich als eine Reihe von Stellen, die durchaus das Potenzial haben, Paddler zu versenken. Tolle Stellen mit Wildwasser zwischen dem dritten und vierten Schwierigkeitsgrad. Das Wehr am Ende ließ sich bei diesem Pegel problemlos rechts befahren und wir setzten die Tour wieder einmal bis Reichenau fort.

Trotz ausreichend Wasser auf dem Glenner müssen wir an dieser Stelle Abschied von einem weiteren Exo-Boot nehmen: Nachdem Volker seinen ersten T-Rex bereits 2021 auf dem Defereggenbach einbüßte, gab sein zweiter T-Rex auf dem Glenner nach und riss unter dem Sitz. Wenn wir richtig zählen, ist es das achte Exo-Fabrikat (inkl. 3x Spade Black Jack), das in unserem Verein seit 2021 den Geist aufgegeben hat. Allein Julia hält den traurigen Rekord von drei Booten, davon zwei an einem Tag und einem weiteren mit sieben Rissen in einem Trip. Wir müssen uns wohl mit der Tatsache abfinden, dass wir die Boote „nicht richtig fahren“, wie uns der Hersteller sagte. Profi-Tipp: Im Baumarkt gibt es sauteures T-Rex Klebeband (kein Witz!), das selbst im nassen Zustand bombenfest klebt und dicht hält. So fest, dass Rob seine neue Ablassschraube nicht mehr eingebaut bekommt, weil das Loch mit T-Rex Tape versiegelt ist und das Messer zum Freischneiden auf dem Flussgrund liegt.

Abends wurden die hungrigen Paddler mit Gemüse-Chili-Gnocchi beglückt, die mindestens so spicy waren wie der Glenner. Passend zum pikanten Essen kam auch eine Busladung scharfer Gesellschaft: Ute brachte Markus, Simon und kühles Dosenbier mit.

Abschnitt: Unterer Glenner, knapp unterhalb Wehr bis Mündung und Vorderrhein bis Reichenau

  • Pegel Ilanz: Glenner 14m3/s, Vorderrhein 30m3/s
  • 27km WW III-IV (IV an Schlitz, Galerie und 1x in Waldschlucht) und WWII (III am schwarzen Loch)
  • 11 Paddler (10 Glenner, 1 ab Ilanz, 5x WHW)
  • 135 Vereins-km

Tag 3: Oberer Vorrderrhein von Madernal bis Tavanasa

Zumeist lässt sich der obere Vorderrhein bis zur Wasserableitung bei Tavanasa befahren, weil das Kraftwerk bei Madernal genug Wasser für eine Befahrung dieses Abschnitts zuschießt. An diesem Tag kam kaum Wasser aus dem Kraftwerk, was den Wasserstand dieses Abschnitts ans untere Limit brachte.

Julia im Katarakt von Madernal
Julia oben im Katarakt vom Madernal

Ivette im Katarakt von Madernal
Ivette etwas weiter unten.

Ähnlich wie das Schwarze Loch präsentiert sich der Katarakt von Madernal jedes Jahr als neue Stelle. Dieses Jahr war er deutlich länger, mit einem Berg aus Kies und Geschiebe mittendrin, aber durchgehend befahrbar. Eine Besichtigung ist ratsamer denn je, weil in der zweiten Hälfte des Katarakts Stahlträger in den Bach gespült (oder freigelegt) worden waren, die von oben oder vom Boot aus nicht sichtbar waren.

Durch die zahlreichen Veränderungen auf den ersten Kilometern ist dieser Abschnitt nochmal interessanter geworden und bei mehr Wasser dürfte man auch nach dem Katarakt viel schönes Wildwasser im dritten Grad finden.

Bei einer Strecke von 13km kommen wir bei 8 Paddlern insgesamt auf 104 Vereins-km.

Am Nachmittag befuhren Markus, Hardi und Ivette nochmals den Glenner, welcher mittlerweile einen Pegel von 18 m3/s aufwies. Laut Hardis Aussage liegen zwischen 14 und 18 m3/s Welten und der Komfort einer Zunge vor dem Schlitz ist nicht mehr gegeben (7 Vereins-km). Simon, Julia, Ute und Volker gönnten sich noch eine Runde auf dem Vorderrhein (50m3+Glenner, 84 Vereins-km) und Rob machte mit Lukas einen kleinen Ausflug in die Viamala-Schlucht, um festzustellen, dass Volkers Erinnerung („nie mehr als WW 3“) nicht ganz akkurat ist.

Abends gab es sehr grünes Curry mit Zucchini, Brokkoli, Auberginen und Zuckerschoten von Julia, welches mit vorgekochter Paste trotz sehr vieler Köche nicht verdorben werden konnte.

zu viele Köche... machen gutes Curry!

 

Tag 4: Vorderrhein von Ilanz bis Versam

Wir taten uns schwer mit der Auswahl der Strecke für den letzten Tag. Einige wollten nochmal den Glenner befahren, doch durch die warmen Tage und die relativ milde Nacht zum Sonntag war der Pegel schon am Vormittag auf 20m3/s gestiegen, was außerhalb der Komfortzone der meisten Paddler lag. Die Albula stand mit einem Pegel von 30m3/s noch zur Debatte, doch können dort zwischen 0 und 21 m3/s abgeleitet werden, was man erst sieht wenn man vor Ort ist. Außerdem ist hier immer mit Bäumen zu rechnen und die Abenteuerlust am letzten Tag war mäßig.

Am Sonntag war wie auch Samstagabend deutlich mehr Wasser im Vorderrhein, sodass für alle etwas dabei war: Wer sich austoben wollte, konnte dies auf großen Wellen und Polstern tun. Wer eigentlich schon genug vom Paddeln hatte, freute sich über flotte Strömung in guter Gesellschaft, welche die 21km sehr kurz erscheinen ließ (13 Paddler, davon 6x WHW, 126 Vereins-km).

Wie so oft am Ende eines Vorderrhein-Trips stehen am Ende sehr viele Wildwasserkilometer zu Buche, weil man doch immer wieder die Schlucht zwischen Ilanz und Reichenau mitnimmt. Dieses Mal waren es 602 Vereinskilometer.

Die Gruppe - WHW und KCM

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