Für den diesjährigen Alpenabschluss hatten wir uns ein sattes Programm vorgenommen: Drei Innschluchten am Stück zum Start, dann Transfer ins Ötztal, um Venter und Ötz zu reiten, bis das Plastik kracht.
Eine Woche bevor die gesamte Crew zum Innschluchten-Triple zusammenkam, waren Julia, Markus, Simon und Rob bereits in Richtung Süden aufgebrochen, um es sich bei moderaten Loisach-Laps, Wanderungen, Thermenbesuchen und Siphon-Canyoning mit Boot auf dem Inn gut gehen zu lassen. Nach anfänglichem Regenwetter stimmte Simons dreifache rituelle Waschung in der Loisach die Wettergötter milde und bescherte uns beinahe eine Woche strahlenden Sonnenschein und warme Temperaturen, sodass wir fast jeden Tag in trockene Klamotten steigen konnten.
Ohne auf Details eingehen zu wollen möchten wir an dieser Stelle darüber informieren, dass die Innschlucht von S-chanf folgende Eigenschaften aufweist:
- Einstieg vermutlich rechtsufrig. Links ist Militärgelände, das nicht befahren werden darf. Profi-Tipp: nicht mit Schlafsack in der Hand aus dem Auto aussteigen und suchend die Gegend erkunden, wir hatten in unter einer Minute Gesellschaft. Andererseits waren die Herrschaften zwar bewaffnet aber sehr freundlich und hilfsbereit.
- Nicht bei 3.5 Kubik fahrbar, eher bei 7-10
- Dann sollte der erste Kilometer inkl. Schluchteinfahrt gut angesehen werden:
- erst verblockt und evtl etwas steiler
- dann kommen regelmäßig so viele Brocken vom überhängenden Konglomeratufer runter, dass der Fluss einem Sieb gleicht
- Nix WW2-3 und nix für Schwimmfreunde
- Das beschriebene Wehr mit Tosbecken ca. 100m hinter dem „Schlitz“ ist nicht schön.
Kein Wunder, dass man im Netz nix über diese Strecke findet.
Freitag 24.09.2021 – Inn-Triple
- Abschnitte:
- Giarsun-Schlucht ab überdachte Brücke Lavin bis Brücke Ardez
- 8km WW 3-4
- 6 Paddler
- Ardez-Schlucht ab Brücke Ardez bis Rafteinstieg Scuoler an der Hauptstraße
- 4km WW 4
- 5 Paddler
- Scuol-Schlucht ab Rafteinstieg bis 2. Brücke Schuol
- 7km WW2 (3)
- 3 Paddler
- Pegel Tarasp 13m3/s, MNW auf Giarsun und Ardez, NW Scuol
- Vereinskilometer: 89
- Giarsun-Schlucht ab überdachte Brücke Lavin bis Brücke Ardez
Ute und Volker stießen am Freitagvormittag zu den vier jungen wilden drei etwas älteren und dem jungen wilden Markus, die bereits seit einigen Tagen die sprudelnden Fluten des Inn sowie der Scuoler Therme unsicher gemacht hatten. Insbesondere die traumhaft schöne Giarsun-Schlucht, welche vor fast genau einem Jahr befahren wurde, hielt viele Stellen bereit, die uns vom damaligen Speed-Run gar nicht mehr in Erinnerung waren. Es konnte zwar alles vom Boot aus beurteilt werden, doch erhielt die Strecke neben der Preußenschleuder eine weitere benannte Stelle: Den „Face Breaker Felsen“, welcher sich mit einer Kerbe in Robs Paddelschaft (Mergner schützt das Gebiss) verewigte.
Der Dom nach dem Bockschlitz - etwas trocken |
Gute Miene zur bösen Umtrage |
Nun also in voller Gruppenstärke stand Simons Erstbefahrung der Giarsun-Schlucht nichts mehr im Wege. Mit voller Konzentration erreichten wir die Brücke von Ardez in guter Zeit und ohne Rendez-vous mit dem Face Breaker. Super, bisschen Puffer für die Ardezer mit ihrer hässlichen Bockschlitz-Umtrage. Simon stieg aus, und fuhr das Auto knapp 4 Flusskilometer weiter zum Einstieg der Scuoler Strecke, wo er uns 2-3 Stunden später erwartete, um wieder einzusteigen.
Die Ardezer Schlucht hatte es in sich. Viele schöne kleine und größere Drops, auch bei herbstlich niedrigen Wasserständen mal wuchtig, mal eng-verblockt. Traumhaft schön dazu, auch wenn Rob ständig aufpassen musste, dass der Rexy mit dem Heck nicht abgesaugt wird. Nach der ersten Hälfte dann die Bockschlitz-Umtrage. Ute hatte den Erstbefahrern schon seit Jahren wiederholt von der Schönheit der Ardezer Schlucht und ihrer höllischen Umtrage erzählt. Scheinbar hatten alle dieses Mantra verinnerlicht und liefen los – steil nach oben. Die Boote wurden über einen Felsen nach dem nächsten gehievt, stets auf der Suche nach einem Weg, den wir „da oben“ vermuteten. Anderthalb Stunden währte unsere Kletter-Ekstase, bis sogar Volker sich die Frage stellte, wo denn dieser versch…ene Weg sei. Am Ende der dreistündigen Aktion waren 80m Seil zum Einsatz gekommen, um die Paddler mitsamt der Boote, die nicht von selbst in Richtung Schlucht abgehauen waren, den steilen Hang abzuseilen und zum Glück unterhalb des Bockschlitzes rauszukommen. Ohne Verletzungen und mit vollständigem Material. Und Blick auf das Ausstiegs-Kehrwasser vor dem Bockschlitz und irgendwie auch einen klaren Pfad am Ufer entlang. Ja, Ute, wir haben verstanden: die Bockschlitz-Umtrage ist die Hölle.
Fix und fertig, lull und lall, vierfach laminiert im eigenen Saft stiegen wir in unsere Boote und hörten Volker sagen: „Konzentration bitte. Jetzt kommen paar schwierige Stellen“. Prost. Der „Dom“ direkt nach dem Bockschlitz konnte durch die zweite eher trockene Durchfahrt befahren werden (rechts war mit Bäumen versperrt), dann der Drop in die seitliche Strömung, nicht übel. Direkt im Anschluss ging es über ein hoch gestautes Polster einen Stein hinunter, um nicht durch den völlig verholzten Schlitz daneben zu treiben. „Der Weg über den Stein ist nicht schön“, dachte Rob, der Julia und Markus dahinter runterplumsen sah, woraufhin sein müder Körper lustlos das Paddeln einstellte. Als Konsequenz rutschte er rückwärts vom Polster und wählte ein von Felsen umzingeltes Kehrwasser, um dem Sieb zu entgehen. Hasenfalle, sagte Volker. Eine ekelhafte Umtrage später saßen aber alle wieder im Boot und setzten weitgehend souverän die weitere Befahrung fort. Der Himmelsgucker war eine Gaudi, die sich nach Volkers völlig klarer Beschreibung zum Glück von selbst fuhr und Markus schuldet uns noch Unterwasseraufnahmen von der Helmkamera aus dem nachfolgenden Schwall.
Nach gut fünf Stunden erreichten wir den Einstieg der Scuoler Strecke, wo Markus, Julia und Rob die Boote gegen Essen tauschten und Simon für die letzten 7km in die Obhut von Ute und Volker übergaben. Souverän, schnell und ohne Zwischenfälle hörte man sagen. Geiler Tag und obwohl die Paddelkilometer es nicht mit unserem Vorderrheinmarathon aufnehmen können, doch insgesamt gut 7 Stunden Sport auf, im und teilweise weit über dem Wasser.
In der Abendsonne trockneten unsere Paddelsachen fast vollständig, bevor wir die Überfahrt zur schönen DAV Hütte an der Venter Ache in Zwieselstein bei Sölden in Angriff nahmen.
Sanstag 25.09.2021 – Venter und obere Ötz
- Abschnitte:
- Untere Venter Ache (Straßenbrücke Heiligkreuz bis Talhütte Zwieselstein)
- 5km WW 4
- 1x5 Paddler, 2x 2 Paddler
- Pegel Vent 2x 52cm (NMW), 1x 64cm (MW)
- Obere Ötztaler Ache
- 4km WW 4
- 1x 4 Paddler, 1x 3 Paddler
- Pegel Sölden 55cm (NMW)
- Vereinskilometer: 66
- Untere Venter Ache (Straßenbrücke Heiligkreuz bis Talhütte Zwieselstein)
Die Talhütte in Zwieselstein liegt direkt am Zusammenfluss von Venter Ache und Gurgeler Ache und ist somit ein idealer Ausgangspunkt für Befahrungen der Venter Ache und der oberen Ötztaler Ache. Morgens ging es direkt an den Einstieg der unteren Venter Ache, die mit 52cm einen geringen aber zum Kennenlernen völlig ausreichenden Pegel hatte. Trotz eisiger Wassertemperatur im schattigen Venter Tal wurde allen schnell warm, denn der Bach bot 5 km Spaß ohne Pause inklusive „ich stell dich auf“ Felsen in der ersten Klammeinfahrt oder dem Drop in die Kloschüssel, welche einen zum Glück nach kurzer Zeit wieder hinausspült. Laut Ute und Volker hat sich die untere Venter Ache etwas verändert: Die Einfahrt in die erste Klamm zieht nicht mehr so stark auf die Wand und ein größerer Drop ist einem etwas unübersichtlichen Steingarten gewichen.
Ute hatte vor lauter Sorge um Julia und Rob keinen guten Start, Julia konnte mangels Boot (Riss im T-Rex) keinen zweiten Run machen und Rob wollte lieber mit Simon in der Sonne Eis essen gehen. So blieben Markus und Volker für einen zweiten Run (und einen Dritten am Abend bei sportlicheren 64cm Pegel).
Zum Glück hatte Julia noch ihren geschweißten Rexy dabei, den sie nachmittags zur Befahrung der oberen Ötztaler Ache mitnehmen konnte, während Rob und Simon durch die malerische Kühtrain-Schlucht nach Sölden wanderten und sich dort ihr Eis holten. Bei einem Pegel von 55cm in Sölden schauten einige „Penner-Steine“ aus dem Wasser und bei geringem Druck war die Challenge eher, um die Steine Slalom zu fahren.
Sonntag 26.09.2021 – Venter und untere Ötz
- Abschnitte:
- Untere Venter Ache (Straßenbrücke Heiligkreuz bis Talhütte Zwieselstein)
- 5km WW 4
- 4 Paddler
- Pegel Vent 54cm (NMW)
- Untere Ötztaler Ache, einmal bis Raftausstieg Imster und 1x bis Area47
- 12km WW 3, 7km WW3
- 1x 5 Paddler, 1x 3 Paddler
- Pegel Tumpen 180cm (NW)
- Vereinskilometer: 101
- Untere Venter Ache (Straßenbrücke Heiligkreuz bis Talhütte Zwieselstein)
Weil sie so schön war, wurde noch einmal die untere Venter Ache befahren. Ute rehabilitierte sich angemessen, nachdem sie am Vortag ein paar Prügel von ihrem Lieblingsbach bekommen hatte. Simon setzte aus und Julia setzte mangels Boot um. Danach ging es auf den Heimweg, an dem praktischerweise noch die untere Ötztaler Ache befahren werden konnte. Hier setzte nur Rob aus und Julia dichtete ihr Boot für eine letzte Fahrt mit Tape ab. Nach spaßigen anderthalb Stunden kamen alle am Raftausstieg an, teilweise gewaschen, weil sie bei 180cm mangels Constructa auf dem Inn noch zielsicher in fette Löcher geplumst sind.
Nach dem ersten Run sattelten Simon, Ute und Rob die Hühner und stellten sich auf den Fernpass in den Stau. Volker, Julia und Markus gönnten sich einen zweiten Run und kamen nur eine Stunde später zu Hause an.